Seite drucken
Schwäbisch Hall

Stadt gedenkt der Opfer des Hessentaler Todesmarsches 1945

Artikel vom 04.04.2020

Anlässlich des 75. Jahrestages des Hessentaler Todesmarsches, in dessen Verlauf im April 1945 schätzungsweise 150 bis 200 Menschen getötet wurden, legte Oberbürgermeister Hermann-Josef Pelgrim am 5. April gemeinsam mit Folker Förtsch von der Initiative KZ-Gedenkstätte Hessental einen Kranz auf dem jüdischen Friedhof in Steinbach nieder.

Im Gedenken an die Opfer erklärt Pelgrim:

„Nach Jahren der Diskriminierung, der Entrechtung, der Verfolgung und der Folter, nach Monaten der Zwangsarbeit in Hessental wurden am 5. April 1945 die rund 700 Gefangenen des Konzentrationslagers Hessental nach Osten getrieben. Schätzungsweise wischen 150 und 200 Menschen wurden von den Wachmannschaften erschossen, erschlagen oder durch zuvor bewusst herbeigeführte Entkräftung und Krankheiten getötet.

75 Jahre später gedenken wir der Opfer dieses Verbrechens. Und wir müssen für dieses Gedenken Worte finden, wo Worte letztlich nur versagen können. Wie soll man es in Worte fassen, das unsägliche Leid, das in dieser Zeit von Menschen über Menschen gebracht wurde?

Und doch sind wir verpflichtet, gerade an solchen Tagen zu sprechen. Als Erinnerung an die Ermordeten, aber auch als Mahnung an uns Lebende, die nur heißen kann: Nie wieder! Nie wieder dürfen wir es zulassen, dass das Gift des Rassismus und des Antisemitismus sich in unserer Gesellschaft ausbreitet, dass Rechtsextremisten und Faschisten einen Resonanzboden für ihre menschenverachtendes Weltbild finden.

Die Kenntnis der historischen Fakten, das Wissen um die Verbrechen ist dabei das eine. Die Qualen der Opfer mit dem Herzen zu erfassen ist die größere Aufgabe, zumal mit den Jahren immer weniger Überlebende Zeugnis ablegen können, und das Gedenken mit zunehmendem zeitlichen Abstand Gefahr läuft, als bloßes Ritual wahrgenommen zu werden.

Mein Dank gilt an dieser Stelle der Initiative KZ-Gedenkstätte Hessental, die mit ihrem Engagement dazu beiträgt, nicht nur historisches Wissen, sondern auch emotionale Betroffenheit zu vermitteln. Damit wir das Leiden nicht vergessen. Damit wir die Opfer nicht vergessen. Und damit wir nicht vergessen, dass wir wachsam sein müssen, jeden Tag.

Das fängt schon bei Worten an. Das Leid der Juden und anderer verfolgten Gruppen begann ja nicht damit, dass aus heiterem Himmel Konzentrationslager aus dem Boden gestampft worden wären. Es begann mit Verächtlichmachung, mit Stigmatisierung, mit verbaler Erniedrigung. Wo immer wir solche Tendenzen wahrnehmen, wo eine erinnerungspolitische Wende gefordert oder die Grenze des Sagbaren Stück um Stück verschoben wird, sind wir als Gesellschaft gefordert, laut und vernehmlich Einhalt zu gebieten.

Wir verneigen uns heute in Trauer vor den Opfern des Hessentaler Todesmarsches. Sie sind Teil der Geschichte Schwäbisch Halls – so schmerzlich und beschämend die Erinnerung an ihre Ermordung für uns auch sein mag.

Mögen Friede, Solidarität, Respekt und die Achtung der Menschenrechte die Zukunft bestimmen!"

http://www.schwaebischhall.de//de/rathaus-service/aktuelles-presse/aktuelles/presse-aktuell