Die Haller Sieder
Die Salzsieder waren ursprünglich wohl unfreie Knechte, die von den "Eigentumsherren" deren Anteile an der Saline (sogenannte "Sieden") zwecks Salzgewinnung pachteten. Im Lauf der Zeit entwickelten sich eine Art Untereigentum. Ab dem 14. Jahrhundert gab es die sogenannte "Erbleihe", was bedeutete, dass Siedensrechte von den Lehensherren dauerhaft an einen Sieder und seine Nachkommen übergeben wurden. Das Salzsieden war eine harte Arbeit, die Sole (das salzhaltige Wasser) wurde aus dem Haalbrunnen geschöpft und in eisernen Pfannen erhitzt, bis das Wasser verdampft war und das Salz zurückblieb. Im Jahr 1501 ist erstmals ein "Kuchen vor die Siedersgesellen" und damit zum ersten Mal auch der "Hof" (d.h. das Fest) der Salzsiederburschen erwähnt, aus dem sich das heutige Kuchen- und Brunnenfest entwickelt hat. Der Legende zufolge soll die Kuchengabe daher rühren, dass die Salzsieder 1316 einen Brand der Dorfmühle gelöscht haben. Wahrscheinlich handelt es sich aber um ein Zunftfest, das durchaus um 1500 entstanden sein könnte.
Nach dem Ende der Reichsstadt 1802 erzwang der württembergische Staat 1804 die Übertragung aller Rechte an der Saline auf sich selbst. Nach langwierigen Prozessen einigten sich die Salzsieder und der Staat 1827 auf eine Entschädigung durch "ewige" Renten, die bis heute ausbezahlt werden, aber durch Inflation und Währungsreform ihren Wert verloren haben. Im Zusammenhang mit der Einweihung der Eisenbahnlinie Heilbronn-Hall wurde 1862 das eingeschlafene Salzsieder-Brauchtum neu entdeckt. Bereits 1878 entstand der "Kleine Siedershof", 1883 gründete man im Zusammenhang mit einem Festumzug den "Großen Siedershof". Im Hintergrund standen die Geschichtsbegeisterung jener Zeit, aber auch die Entwicklung Halls zur Kurstadt und die Attraktivität der Salzsiedertradition für die Tourismuswerbung. Aus der Aufführung von historischen Theaterstücken ab 1907 entwickelte sich das heutige Kuchen- und Brunnenfest an Pfingsten, bei dem man sich an Festordnungen des 18. Jahrhunderts orientiert.